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FlectoLine

© Plant Biomechanics Group / Universität Freiburg   

Biologisches Vorbild: Fangmechanismus der Wasserfalle

Das Wasserrad (Aldrovanda vesiculosa) ist eine fleischfressende Wasserpflanze. Sie trägt diesen Namen, da ihre Fangblätter an die Speichen eines Rads erinnern. Der hier abgebildete Wirtel zeigt sieben Unterwasser-Schnappfallen in geöffnetem und geschlossenem Zustand.

Jede Schnappfalle besteht aus einer steifen Mittelrippe und zwei Fallenhälften mit jeweils bis zu 20 Auslösehärchen. Auf den Innenseiten der beiden Fallenhälften verlaufen parallel zur Mittelrippe Gewebeabschnitte mit sogenannten Motorzellen. Berührt ein Beutetier (z. B. Wasserfloh) die Auslösehärchen, verlieren die Motorzellen Zellwasser und schrumpfen. Die weiterhin prall gefüllten Zellen der Fallenaußenseite biegen nun die Mittelrippe durch und die Falle schnappt innerhalb von 100 Millisekunden zu. Das Öffnen der Falle ist ein aktiver, energieverbrauchender Prozess mit dem Ergebnis, dass die Motorzellen wieder prall mit Zellwasser gefüllt sind.

 

Bioinspiration: Fassadenverschattung FlectoLine

Das Funktionsprinzip der Schnappfalle beruht auf einer minimalen Durchbiegung der Mittelrippe, die durch kinematische Kopplung mit den beiden Fallenhälften zum schnellen Zuschnappen der gesamten Falle führt. Genauso reicht bei der Fassadenverschattung FlectoLine eine geringfügige Verformung der linearen Aktuierungszone aus, um eine großflächige Folgebewegung beider Lamellenhälften auszulösen.

Die integrierten pneumatischen Aktuatoren dieser Machbarkeitsstudie im Botanischen Garten Freiburg benötigen für einen 90-Grad-Biegewinkel lediglich einen Druck von 0,4 bar. Mit Hilfe der integrierten Dünnschicht-Photovoltaikzellen kann die bionische Fassade ihren Energiebedarf unabhängig decken.

   © Plant Biomechanics Group / Universität Freiburg

 

Der zukunftsweisende Forschungsbau ist selbst ein Forschungsprojekt der beiden Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS) der Universität Freiburg und Integrative Computational Design and Construction for Architecture (IntCDC) der Universität Stuttgart , das einen integrativen Ansatz des Planens und Bauens für eine zukunftsfähige Architektur untersucht.

 

Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung

  • Scharnierlose Bauteile tragen durch geringeren Verschleiß zur Ressourcenschonung bei.
  • Scharnierlose Komponenten tragen zu einer geringeren Abfallerzeugung bei, da sie weniger anfällig für Beschädigungen durch Bewegung sind.
  • Mittels integrierter Dünnschicht-Photovoltaikzellen kann Energiebedarf der Fassadenverschattung unabhängig gedeckt werden.
  • Die Umwandlung von Fassaden in aktive, anpassungsfähige Systeme kann die Energieeffizienz und Leistung von Gebäuden verbessern und ihren CO2-Fußabdruck verringern.
  • Die hohe Ästhetik und Funktionalität der Bewegung erhöhen die Wertschätzung der biologischen Vorbilder.

 

Peer Review Veröffentlichungen

  • A.S. Westermeier, R. Sachse, S. Poppinga, P. Vögele, L. Adamec, T. Speck, M. Bischoff (2018): How the Carnivorous Waterwheel Plant (Aldrovanda vesiculosa) Snaps. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 285: 20180012. DOI: 10.1098/rspb.2018.0012
  • A. Körner, L. Born, A. Mader, R. Sachse, S. Saffarian, A.S. Westermeier, S. Poppinga, M. Bischoff, G. Gresser, M. Milwich, T. Speck, J. Knippers (2018): Flectofold – A Biomimetic Compliant Shading Device for Complex Free Form Facades. Smart Materials and Structures, 27: 017001. DOI: 10.1088/1361-665X/aa9c2f
  • S. Poppinga, A. Metzger, O. Speck T. Masselter, T. Speck (2013): Schnappen, schleudern, saugen: Fallenbewegungen fleischfressender Pflanzen. Biologie in unserer Zeit, 43(6): 2-11. DOI: 10.1002/biuz.201310520

Pressemitteilungen

 

Projektfinanzierung

Diese Grundlagenforschung dieses Projekts wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des SFB-Transregio 141 "Biological Design and Integrative Structures—Analysis, Simulation and Implementation in Architecture" (Projekt A04) und im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder im Exzellenzcluster livMatS (EXC-2193/1 – 390951807) und im Exzellenzcluster IntCDC (EXC 2120/1 – 390831618) gefördert.